Was bedeutet uns Erntedank?

„Warum soll ich für die Ernte danken? Wir haben die Früchte und den ganzen Kram doch bezahlt!“ Die Achtjährige starrt eigensinnig auf ihren kleinen mit Früchten gefüllten Korb. Am Vortag hat sie Möhren, Äpfel und Birnen zusammen mit der Mama auf dem Wochenmarkt gekauft. Und nun soll sie, und das dann sogar noch in der Kirche, dafür Dank sagen?
Das punktgenaue Abrechnen von Leistung und Bezahlung, von Produkt und Bilanz entspricht unserer heutigen ökonomisch orientierten Gesellschaft. Ich habe bezahlt, also habe ich einen Anspruch auf die Ware. Ein Vertrag zwischen zwei Parteien, von denen beide profitieren und bei dem keiner dem anderen etwas schuldig bleibt.

Aber dann laufen Berichte über Überschwemmungen und Feuersbrünste über den Bildschirm. Und plötzlich wird bewusst: Der Mensch ist, trotz allen Könnens und allem Wissen, den Naturgewalten ausgeliefert. Das Leben lässt sich nicht vollständig durchkalkulieren und berechnen.

„Macht euch die Erde untertan“, so fordert Gott die Menschen im Schöpfungsbericht auf. Für Christen bedeutet das zum Einen:
• auszusteigen aus einer profitorientierten Kosten-Nutzen-Kalkulation,
• sich an den Gaben der Erde zu erfreuen, die Natur zu achten und sich ihren Regeln zu fügen,
• die Gaben und Güter der Erde miteinander – auch weltweit –- zu teilen und für Gerechtigkeit bei Produktion und Entlohnung einzutreten.
Zum anderen bedeutet es, dem Schöpfer der Welt zu danken:
• für die Gaben, die er in der Schöpfung der Natur Mensch und Tier zudachte und
• für die Freiheit , die er den Menschen gab mit dem Auftrag, diese Welt mit zu gestalten.

Im Idealfalle ist das Erntedankfest kein folkloristisches Fest ohne weitere Bedeutung für das Leben. Mit bewusstem Genuss der von Gott geschenkten Gaben, mit bewusstem Wahrnehmen der vielen dahinter steckenden Arbeit , mit bewusstem Einbeziehen weltweiter Geschwisterlichkeit kann es Mut machen für eine neue, lebenswertere und gerechtere Welt. Vielleicht sogar für eine Welt, in der für Terror, der erwächst aus Armut und Ungerechtigkeit, immer weniger Platz ist.

„Warum sagt die Ernte Dank?“ so fragt das Kind auf unseren Herbst-Werbekarten zum Familienprojekt. „Weil die Menschen verstehen, dass sie die Natur, die Schöpfung nicht länger mit den Füßen treten dürfen“, das könnte eine Antwort sein. Wenn wir Menschen die Natur, die Mitmenschen und Gott achten und lieben lernen, dann sagen beim Erntedankfest tatsächlich vielleicht nicht nur wir Menschen, sondern vielleicht auch Natur und Ernte Dank.


Mehr zur Herkunft und zum Brauchtum finden Sie um den Termin des Erntedankfestes herum unter:
http://www.brauchtum.de und http://www.festjahr.de

Über den Zusammenhang von Erntedank und weltweiter Gerechtigkeit und Solidarität können Sie sich informieren unter:
http://www.misereor.de , http://www.missio.de und http://www.Kindermissionswerk.de

Und über fairen Handel und nachhaltigen Umweltschutz beim Einkauf erfahren Sie mehr unter:
http://www.gepa3.de

Viel Wissenswertes, Interessantes und Kreatives rund um das Erntedankfest finden Sie auch in unserer Materialmappe zum Erntedank. Sie können diese (sowie 22 weitere Materialmappen zu Festen des Jahreskreises) kostenlos erhalten beim Erzbistum Köln (und falls Sie außerhalb dieses Bereichs wohnen, gegen eine kleine Gebühr bei der Arbeitsgemeinschaft für katholische Familienbildung, AKF Bonn).Schauen Sie bitte nach unter dem Button ‚Das Projekt’ in der Headline oben rechts und bestellen Sie online!
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Zeichen und Symbole

Erntedank Altar

Zum Erntedankfest werden in vielen Kirchen Dank-Altäre gestaltet: Erntegaben aus Garten und Feld werden zusammengetragen und um den Tisch gelegt, an dem die Christen miteinander und mit Gott das eucharistische Mahl feiern. Mit der Gestaltung des Altars bringen die Gläubigen zum Ausdruck, dass sie, neben der eigenen Arbeit, vor allem dem Schöpfer der Welt die Grundlage ihres Lebens verdanken. Sich an den Gaben zu erfreuen, dafür zu danken und sie schließlich miteinander zu teilen, darin zeigt sich: der Mensch ist gebunden an die Natur, an Gott und an die Menschen, mit denen er sein Leben auf dieser Erde teilt.

Mehr zum Sinn des Erntefestes finden Sie unter http://www.brauchtum.de.

Erntekranz

In früheren Zeiten war es üblich, auf den Bauernhöfen oder in den ländlichen Dorfgemeinschaften beim Erntefest aus Ähren große Erntekronen zu binden und auf dem Dorfplatz oder in der Kirche aufzustellen. Die Krone, Symbol der Macht, war gebunden auf den Kranz. Ohne Anfang und Ende steht er als Zeichen der Ewigkeit, der Unendlichkeit. Die Vielzahl der gebundenen Ähren, die die Krone bilden, erinnerten die Menschen an ihre Abhängigkeit und ihr Gebundensein an die Natur. Ohne eine gute Ernte, ohne die unter harter Arbeit eingefahrenen Naturgüter, war kein Überleben im Winter möglich. So wurde die Macht der Natur im Symbol der Erntekrone dargestellt.